Offen­siv für Wohn­raum – Lösun­gen der Woh­nungs­kri­se

Bericht von der Ver­an­stal­tung der AG Woh­nen in der HAW

Kaum Mit­spra­che­rech­te, Flä­chen­ver­sie­ge­lung, fos­si­le Ener­gie und hohe Mie­ten und Woh­nungs­prei­se. Die Woh­nungs­kri­se betrifft alle. Die Akti­ko bringt Men­schen zusam­men, die an Lösun­gen arbei­ten. Die Initia­ti­ve „Ham­burg ent­eig­net“ macht einen Geset­zes­vor­schlag für gerin­ge Mie­ten. Die Wäh­ler­ge­mein­schaft „Ret­tet Ham­burgs Grün“ wirbt für Woh­nen ohne Flä­chen­ver­sie­ge­lung. Die Bau­ge­mein­schaft Grö­nin­ger Hof baut selbst­be­stimmt ein ehe­ma­li­ges Park­haus in Woh­nun­gen um. Und der Ver­ein Soli-Solar unter­stützt, Bal­kon­kraft­wer­ke auf­zu­stel­len. Doro­thea Heint­ze, Joa­chim Lau, Susan­ne Otto und Regi­ne Chris­ti­an­sen erzähl­ten leben­dig und begeis­tert von ihre Arbeit. In Klein­grup­pen stell­ten sie sich den Fra­gen des inter­es­sier­ten Publi­kums. Vie­le tausch­ten Kon­tak­te aus.

Die Bau­ge­mein­schaft Grö­nin­ger Hof baut ein ehe­ma­li­ges Park­haus um, sodass mehr als 100 Men­schen dar­in woh­nen wer­den. Dabei hat die Grup­pe ver­bes­ser­te För­de­run­gen für alle Bau­pro­jek­te in Ham­burg erstrit­ten. Die Ham­bur­ger För­der­bank unter­stützt nun Gemein­schafts­flä­chen. Der Wohn­raum wird güns­tig sein, das Grund­stück muss näm­lich nicht gekauft wer­den. Die soge­nann­te Erb­pacht funk­tio­niert wie eine Mie­te des Grund­stücks. Das Park­haus ist schlech­ter erhal­ten als erwar­tet. Ent­ge­gen der ursprüng­li­chen Pla­nung muss es abge­ris­sen wer­den. Doch Bau­ge­neh­mi­gung lässt seit 1,5 Jah­ren auf sich war­ten. Das Bau­vo­lu­men liegt bei 36 Mio. Euro. Das öffent­li­che Inter­es­se ist groß und Besucher*innen sind will­kom­men. Das Pro­jekt hat einen Vor­bild­cha­rak­ter. Die Grup­pe hat so viel gelernt, dass sie sich schon auf ein neu­es Vor­ha­ben freut. Mehr Infor­ma­tio­nen auf https://groeninger-hof.de

Ret­tet Ham­burgs Grün wirbt für einen Stop von neu­er Flä­chen­ver­sie­ge­lung. Joa­chim Lau argu­men­tiert, dass Woh­nungs­neu­bau haupt­säch­lich Rei­chen zugu­te­kommt und die Lebens­grund­la­gen zer­stört. Grün­flä­chen, die bebaut wer­den, wer­den zu 7/8 für nicht-preis­ge­bun­de­ne Woh­nun­gen bebaut. Die pro­fit­ori­en­tier­te Bau­in­dus­trie spielt Grün­flä­chen und sozia­len Wohn­raum poli­tisch gegen­ein­an­der aus. Dage­gen wür­den alle Bewohner:innen von Ham­burg von der küh­len­den Wir­kung von Grün­flä­chen pro­fi­tie­ren. Gera­de in Erwar­tung stär­ke­rer Som­mer-Hit­ze ist ein poli­ti­sches Umden­ken not­wen­dig. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen https://rettet-hamburgs-gruen.de

Der Ver­ein Sol­iSo­lar nimmt die Ener­gie­wen­de selbst in die Hand. Sie unter­stützt, Woh­nun­gen mit Bal­kon­kraft­wer­ken aus­zu­stat­ten. Susan­ne Otto und ihre Mitstreiter:innen neh­men Sam­mel­be­stel­lun­gen auf, ver­net­zen Inter­es­sier­te in ihrer Nach­bar­schaft und geben Web­i­na­re und Fern­be­ra­tun­gen. So ist man mit Trans­port und Mon­ta­ge der Anla­gen nicht allei­ne. Bis­her hat Sol­iSo­lar 1020 Modu­le ver­mit­telt. Das Wort Soli deu­tet auf eine wei­te­re Beson­der­heit hin. Das Preis­mo­dell ist soli­da­risch. Das heißt, man kann den Preis selbst wäh­len. Sol­iSo­lar kann die Anla­gen güns­tig ein­kau­fen und wei­ter­ge­ben, ohne dass Sol­iSo­lar damit Pro­fi­te ein­streicht. Wer es sich leis­ten kann, zahlt einen höhe­ren Soli­dar­preis. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: https://www.solisolar-hamburg.de

Seit den 1990er Jah­ren dient Wohn­raum nicht mehr der Vor­sor­ge, son­dern der Kapi­tal­ak­ku­mu­la­ti­on. Die­se Behaup­tung begrün­det Regi­ne Chris­ti­an­sen wie folgt. Als das Bun­des­ge­setz der Wohn­ge­mein­nüt­zig­keit abge­schafft wur­de, fie­len 2 Mio. Woh­nun­gen in die Pri­va­ti­sie­rung. Immo­bi­li­en sind die attrak­tivs­ten Kapi­tal­an­la­gen. Der Kon­zern Von­o­via ver­teilt 41% der Mie­te direkt an Aktio­nä­re um.

Die Initia­ti­ve Ham­burg ent­eig­net hat dage­gen drei Lösungs­vor­schlä­ge parat: einen bun­des­wei­ten Mie­ten­de­ckel, die Ent­eig­nung gro­ßer Woh­nungs­kon­zer­ne und die Wie­der­ein­füh­rung der Woh­nungs­ge­mein­nüt­zig­keit. Ham­burg ent­eig­net for­dert in ihrem Volks­ent­scheid, ca. 15 % des Woh­nungs­be­stan­des zu ver­ge­sell­schaf­ten. Für die betrof­fe­nen Mie­ter wür­den die Mie­ten dadurch um 20 % nied­ri­ger wer­den. Jurist:innen sind sich bis­her uneins, wie hoch die Ent­schä­di­gung bei einer Ver­ge­sell­schaf­tung eines Kon­zer­nes aus­fal­len muss. Ver­ge­sell­schaf­tung ist juris­ti­sches Neu­land, das Ver­fas­sungs­ge­richt prüft dies der­zeit. Die Initia­ti­ve erwar­tet, dass das Ham­bur­ger Ver­fas­sungs­ge­richt die Volks­in­itia­ti­ve in 2025 stop­pen könn­te. Des­halb plant sie eine Koope­ra­ti­on mit der Ber­li­ner Schwes­ter-Initia­ti­ve „DeutscheWohnen&Co ent­eig­nen“. Mehr Infor­ma­tio­nen: https://hamburg-enteignet.de

Die Akti­ko unter­stützt die Initia­ti­ve „Offen­siv für Wohn­raum“, sie­he https://linktr.ee/wohngipfel24. In die­sem Kon­text lud Katha­ri­na Well­ms die Akti­ko zur stu­den­tisch orga­ni­sier­ten Pro­jekt­wo­che der Hoch­schu­le für Ange­wand­te Wis­sen­schaf­ten ein. Die Stu­den­tin für Sozia­le Arbeit ist selbst mit der Woh­nungs­kri­se kon­fron­tiert. Well­ms jobbt bei der Fach­stel­le für Woh­nungs­not­hil­fe. Bei der Aktio­nen­kon­fe­renz 2024 lud der kürz­lich ver­stor­be­nen Prof. Ansen (Armuts­for­scher) die Zivil­ge­sell­schaft ein, Ver­an­stal­tun­gen in der Hoch­schu­le durch­zu­füh­ren. Co-Mode­ra­tor war Mick Peters­mann (Akti­Ko, Gemein­wohl-Öko­no­mie). Er lädt zur akti­ven Mit­ar­beit zur Vor­be­rei­tung der Aktio­nen­kon­fe­renz 4./5. April 2024 ein. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: https://www.aktiko.de

Text: Felix Beh­rens, Micha­el Kreutz­mann